hauptmotiv

CHUKKAT

Der Anführer trägt die Verantwortung

Auslegung von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl

Unter den vielen Aussagen im Abschnitt Chukkat möchte ich den Fokus darauf legen, dass Gott Mose beruft. Er gilt als Vater aller Propheten. Doch wird er das verheißene Land niemals betreten. Das ist ein hartes Urteil für den treuen Hirten des Volkes Israel, Gottes Knecht, der das Volk aus Ägypten führte, die Offenbarung auf dem Berg Sinai erlebte und schließlich das Volk 40 Jahre durch die Wüste leitete bis zum Einzug ins verheißene Land. Ausgerechnet Mose darf es nicht betreten. Er darf nur vom Berg Nebo aus hineinschauen. Was war geschehen?

Das Volk Israel wurde in der Wüste vom Durst geplagt. Daraufhin rebelliert es gegen Mose und seinen Bruder Aaron. Sie wiederum wenden sich deshalb an Gott. ER gibt Mose die Anweisung: Nimm den Stab und versammle die Gemeinde, du und dein Bruder Aaron, und redet zu dem Felsen vor ihren Augen; der wird sein Wasser geben. (Numeri 20,8)

Und in der Tat: aus dem Felsen strömt Wasser, mit dem der Durst von Mensch und Vieh gelöscht werden kann.

Aber der gute Ausgang für die Gemeinde Israel trügt. Nun beschwert sich Gott über Mose und Aaron: „Weil ihr nicht an mich geglaubt habt und mich nicht geheiligt habt vor den Israeliten, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht ins Land bringen, das ich ihnen geben werde.“ (Numeri 20,12)

Wir fragen uns, worin bestand eigentlich die Untreue der beiden?

Mose und seinem Bruder Aaron wurde von Gott befohlen, zum Fels zu sprechen, damit Wasser aus ihm ströme und das Volk trinken konnte. Stattdessen hat Mose den Fels mit seinem Stab geschlagen und das nicht nur einmal, sondern zweimal. Diese Begründung erklärt uns aber nicht wirklich Gottes Beschwerde, warum er betrogen wurde, warum sie ihn nicht vor dem Volk geheiligt haben und ist schon gar keine Erklärung für die daraus folgende deprimierende Strafe. Zumal es in der Erzählung heißt: „Mose nahm den Stab, wie der Herr ihm geboten hatte.“ (Numeri 20,9) Rabbi Mosche ben Maimon (Rambam) nimmt an, dass Mose schimpfte und sauer war, als er sich zum Volk wendete und sagte: „Hört mal, ihr Weisen des Volkes!“ Rambam meint, es gab keinen Grund für Mose das Volk zu kritisieren. Es ist auch zu vermuten: Mose war es gar nicht bewusst, dass er gesündigt hatte.

Drei Mal erwähnt die Tora die Bitte des Mose, Gott möge auf seine harte Strafe verzichten angesichts der 40 Jahre währenden Wüstenwanderung mit dem Volk Israel, die für ihren Anführer wahrlich kein Zuckerschlecken darstellte.

Wenn Mose, der bescheidenste Mensch überhaupt, nicht bewusst war, dass er gesündigt hat, wer sind wir, dass wir bei ihm eine Sünde vermuten, die das harte Urteil Gottes rechtfertigen könnte?!

Die rabbinische Literatur äußert den Gedanken, dass Gott sich sehr wohl die Klage des Mose angehört hat und auch bereit gewesen wäre, Mose ins verheißene Land einziehen zu lassen. Doch gibt er Mose zu bedenken: „Mit wem möchtest du ins Land hineinkommen? Die Generation, die du angeführt hast, wird keinesfalls das Land betreten. Du aber bist und bleibst ihr Anführer. Möchtest du wirklich alleine, ohne sie alle das Land betreten?

Das Problem des Mose ist uns bis heute bekannt. Der Anführer trägt die Verantwortung für jede Fehlentwicklung, die unter seiner Leitung geschieht. Nicht umsonst heißt es: Der Kapitän geht zuletzt von Bord.

Mose, der das Volk Israel wie sein Augapfel gehütet, sich sogar vor Gott dafür eingesetzt hat, den Israeliten die Sünde des goldenen Kalbes zu vergeben, ist am Ende mit dem Volk außerhalb des gelobten Landes gestorben.

Wiederverwendung mit freundlicher Genehmigung des Norddeutschen Rundfunks. Der Beitrag wurde dort am 12.07.2019 gesendet.

19.07.2024 Artikelarchiv >>
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