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KI TISSA

Offenbarung der mündlichen Tora

Auslegung von Rabbiner Almekias-Siegl

Moses hatte auf dem Berg Sinai die zwei Gesetzestafeln von Gott empfangen. Sie waren vom Ewigen selbst geschrieben. Doch als Mose sein Volk um das goldene Kalb tanzen sah, ereilte ihn der Zorn. Am Fuße des Berges angekommen, warf er die Tafeln aus der Hand und zerbrach sie. In unserem heutigen Abschnitt hören wir nun: „Und der Ewige sprach zu Mose: Behaue zwei steinerne Tafeln, so wie die ersten waren.“

Ein Midrasch vertieft in seinen Ausführungen diese Erzählung. Er erklärt: Die ersten Gesetzestafeln waren von Gott persönlich geschrieben und dem Menschen gezielt als Geschenk zugedacht. Jedoch war es ihnen nicht lange vergönnt, in unserer materiellen Welt zu überleben. Zudem wurden sie im Rahmen eines höchst eindrücklichen Szenarios, beim Blasen des Schofars, bei Feuer und Rauch, vom Volk in Empfang genommen

Im Gegensatz dazu ereignete sich die Übergabe der zweiten Bundestafeln in einem ausgesprochen bescheidenen Rahmen. Und von ihrer Niederschrift wird ausdrücklich berichtet: „... und Mose schrieb auf die Tafeln die Worte des Bundes, die Zehn Worte.“ Hier ist nicht mehr Gott der Autor, sondern nur ein Mensch. Mit ihrer Herstellung ergeht an Mose zugleich der Auftrag, sie dem Volk durch Erklärung und Belehrung nahe zu bringen. Herstellung und Übergabe der erneuerten Bundestafeln ereignen sich also auf einer viel tiefer angesiedelten Ebene, und gerade dieser Umstand ist es, der uns ihr Inkraftstehen bis heute erklärt.

Diese zweiten Tafeln stellen den Ursprung der mündlichen Tora dar, die die schriftliche Tora erklärt und ergänzt. Durch diese mündliche Auslegung ist der Glaube des Volkes Israel entstanden. In dieser Tradition kommt es für den Juden von Generation zu Generation zur Akzeptanz der göttlichen Weisungen, nimmt er das Joch der Gebote auf sich. Auch wenn es häufig in unserer Praxis nicht danach aussieht, so ist doch die mündliche Tora dazu da, den Status der schriftlichen Tora zu erhalten und zu festigen.

Im Zusammenhang mit der Herstellung und Übergabe der zweiten Tafeln lautet Gottes Urteil: Es gibt nichts Besseres als Bescheidenheit. Wie einen Kommentar dazu, hören wir den Propheten Micha sprechen: „Was fordert der Ewige von dir, als auf Recht zu halten, Liebe zu üben und demütig zu wandeln vor deinem Gott.”

Es geht also für den Menschen darum, in der Praxis seines Lebens die Mizwot zu befolgen, das Joch des Himmels zu akzeptieren und dadurch Gott zu erkennen. Das Ausführen der Gebote erleuchtet dem Menschen das Wesen, die Größe Gottes.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Norddeutschen Rundfunks, dort gesendet am 2. Oktober 2015.

04.03.2016 Artikelarchiv >>
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