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BERESCHIT

Gemeinsames menschheitliches Ziel

Der Tora-Abschnitt dieser Woche heißt „Bereschit – Am Anfang“. Mit ihm beginnt die Tora: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“.

Auslegung von Rabbinerin Gesa Shira Ederberg

Die Schöpfungsgeschichte ist so bekannt und auch die die darauf folgenden Erzählungen von Adam und Eva im Paradies, von der Vertreibung aus dem Paradies und vom Brudermord Kains an Abel sind uns so bekannte Teile der Bibel, dass wir leicht vergessen, was sie so untypisch für die Tora macht. Die ersten beiden Wochenabschnitte der Tora erzählen nämlich den Beginn der allgemeinen Geschichte aller Menschen, die restlichen gut fünfzig Wochenabschnitte aber berichten von der speziellen Geschichte des jüdischen Volkes.

Diese spezielle Geschichte beginnt mit Abraham und Sara, setzt sich fort mit Moses in Ägypten und endet nach vierzig Jahren in der Wüste am Ostufer des Jordans. Sie endet in dem Moment, in dem das Volk Israel unter der Führung Josuas, des Nachfolgers von Moses, ins Land Israel einziehen wird. Sie erzählt die Geschichte, wie aus einer Kleinfamilie erst eine große Sippe wird. Wie die Sippe zu einem Volk anwächst, das in Sklaverei gerät und von Gott aus Ägypten befreit wird. Wie Gott dem Volk am Berge Sinai die Tora gibt und welche Abenteuer Israel während der langen Wanderung durch die Wüste zu überstehen hat.

Welche Bedeutung hat dann eigentlich diese allgemeine Geschichte des Anfangs der ganzen Menschheit, die in den ersten beiden Wochenabschnitten der Tora erzählt wird? Der wichtigste Punkt ist, dass auch die spezielle Geschichte Israels ein integraler Teil der Geschichte aller Menschen ist. Alle Menschen sind im Bilde Gottes geschaffen. Alle Menschen haben die Aufgabe, verantwortlich in dieser Welt zu leben und alle Menschen wissen von Gut und Böse, können zwischen beiden unterscheiden und haben die Wahl, sich zwischen beiden zu entscheiden.

Die Verbreitung der Bibel, beziehungsweise der biblischen Geschichten durch Christentum und Islam, haben die Geschichten eines kleinen Volkes zur Geschichte eines Großteils der Menschheit gemacht. Dabei gibt es Elemente, von denen auch wir Juden sagen, dass sie für alle Menschen relevant sind. Wir sagen, dass es nur einen Gott gibt, und dass er Himmel und Erde und die Menschen erschaffen hat. Er hat Abraham und Sara und ihren Nachkommen eine Verheißung und einen Auftrag gegeben. Die Verheißung besteht aus drei Teilen. Ein großes Volk zu werden, das Land Israel zu bewohnen und ein Segen für die Völker zu sein. Der Auftrag ist, Gottes Tora zu halten, seine Gebote zu erfüllen und ein heiliges Volk zu sein.

Die jüdische Tradition sieht in der dritten Verheißung an Abraham und Sara – ein Segen für die Völker zu sein – etwas, das im Kern noch aussteht, denn wir beten täglich dafür, dass alles Unrecht und alles Leid von der Erde verschwindet und Gott selber herrscht.

So ist der Anfang der Tora mit dem Beginn der Geschichte aller Menschen, den wir diese Woche in den Synagogen lesen, zugleich eine Erinnerung daran, dass nach jüdischer Auffassung alle Menschen, Juden wie Nichtjuden, ein gemeinsames Ziel haben.

15.10.2021 Artikelarchiv >>
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