CHAJE SARA
Sara - die unbekannte Erzmutter
Auslegung von Rabbiner LengyelUnserer Wochenabschnitt Chaje Sara, auf Deutsch: das Lebensalter von Sara, beginnt mit einem überraschenden Vers: „Es war das Lebensalter der Sara, hundert Jahre, zwanzig Jahre und sieben Jahre“. Einfacher ausgedrückt: 127 Jahre. Im nächsten Vers erfahren wir, dass Sara stirbt.
Wir müssen uns Mühe geben, um in der Bibel etwas über Sara zu erfahren. Sara war vor allem die Gattin des Erzvaters Abraham. Ihre Geschichte in der Bibel beginnt im Wochenabschnitt Noach, mit einem kurzen Satz: „Awrams Frau hieß Sarai.“ Gemeinsam mit ihrem Mann Awram, der später Abraham genannt wurde, verließ sie auf Gottes Ruf das bequeme Leben in ihrer Heimat, in Ur-Kasdim in Mesopotamien und ging mit ihm nach Kanaan. Der Überlieferung zufolge bestärkte Awram die Männer darin, an einen einzigen Gott zu glauben, während Sara die Frauen überzeugte.
Bereits in einem früheren Tora-Wochenabschnitt, Lech Lecha, auf Deutsch „Zieh hinweg“, erfuhren wir, wieder nur in einem einzigen Vers, dass Sarai unfruchtbar war. In diesem Wochenabschnitt lesen wir auch, dass Awram ihr sagt: „Ich weiß, dass du eine Frau von schönem Angesicht bist“.
Als Abraham 86 Jahre alt war und Sara 76 Jahre, versprach Gott, dass Sara einen Sohn gebären wird. Sara bedrängte dennoch Abraham, ihre ägyptische Magd Hagar zu heiraten, und hoffte, sie würden Kinder bekommen. Hagar wurde schwanger und gebar einen Sohn, Ismael.
Erst vierzehn Jahre später, als Sara 90 und Abraham 100 Jahre alt waren, wurde Sara schließlich schwanger und gebar einen Sohn, Jitzchak, Isaak.
Saras Rolle in einer nächsten Episode ist umstritten. Sara missfiel Ismaels Verhalten beim Aufwachsen von Jitzchak und daraufhin forderte sie Abraham auf: „Jage diese Magd Hagar, und ihren Sohn fort, denn der der Sohn dieser Magd soll nicht mit meinen Sohn, mit Jitzchak erben“.
Auch in der sogenannten letzten zehnten Prüfung von Abraham, in der Bindung von Jitzchak, wo sein geliebter Sohn „geopfert“ werden sollte, ist die Rolle seiner Frau Sara vollkommen unbekannt. In der ganzen schwierigen Geschichte erfahren wir nichts über Saras Empfindungen.
Und trotzdem: Sara ist unsere Erzmutter. Nach einem Midrasch, in dem wöchtelichen Freitagabendgesang, mit dem Titel Eschet Chajil, auf Deutsch „Lied der tüchtigen Frau“, sieht man im Judentum viele Parallelen zu Sara.
Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung des Norddeutschen Rundfunks, dort gesendet am 6.11.2015.
02.12.2016 Artikelarchiv >>
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