hauptmotiv

ZAW

Ego auf Normalmaß

Auslegung von Rabbiner Jonah Sievers

Dieser Schabbat ist ein besonderer Schabbat, denn dieser Schabbat Zaw ist zugleich Schabbat Hagadol, der große Schabbat, der letzte Schabbat vor Pessach.

Es gibt viele Erklärungen für diese besondere Namenswahl. Es könnte sein, dass sich der Name auf die Haftara dieses Schabbats aus dem Text des Propheten Malachi ableitet. Der endet mit den Worten: „Siehe, ich sende Euch den Propheten Elia, bevor eintrifft der Tag des Ewigen, der große Furchtbare“ (Mal. 3:23)

Oder vielleicht wird dieser Schabat ja auch deshalb „groß“ genannt, weil an ihm die Rabbiner so lange Predigten zu halten pflegten, wie es der Schibbolej Haleket  ausführt.

Letzteres brauchen Sie nicht zu fürchten, da diese Ansprache auf maximal drei einhalb Minuten angelegt ist.

Der Inhalt unserer Lesung setzt inhaltlich die Lesung der vergangenen Woche fort. Auch im Wochenabschnitt Zaw werden die Details der verschiedenen Opfer besprochen. Unsere Parascha endet mit der Einsetzung Aarons als Hohepriester.

Diese ersten Kapitel des dritten Buchs sind für moderne Juden sicherlich eine Herausforderung, beschreiben sie doch eine Welt, die für uns heute nicht nachvollziehbar ist. Selbst für Maimonides waren die Opfer nur ein Zugeständnis des Ewigen an die aus Ägypten kommenden Israeliten. Die vorherrschende Art der Götterverehrung war das Opfer; hätte nun der Ewige, so Maimonides, diese Form des Gottesdienstes abgeschafft, wäre das zu viel für die Menschen damals gewesen.

Dennoch können diese Texte, wenn wir sie allegorisch verstehen, uns Dinge lehren:
Bezüglich der Opfer heißt es in Kap, 2,11, dass wir mit den Opfern nichts Gesäuertes verbrennen dürfen.

Also nicht nur zu Pessach ist der Genuss von Gesäuertem verboten, sondern auch im Tempel.

Was unterscheidet Gesäuertes von Ungesäuertem? Beides besteht ja aus Wasser und Mehl. Es ist die Hefe. Auf den Menschen angewendet, so der Maharal von Prag , ist es das Ego eines jeden, das es ihm ermöglicht, sich zu entwickeln. Und dieses ist auch der natürliche Zustand des Menschen. An einem Ort jedoch ist dies verboten, und zwar im Tempel. Hier soll das Ego des Menschen sich zurücknehmen. Man soll sich also in Bescheidenheit und im Wissen um die eigene Beschränktheit dem Ewigen nähern.
Die Grundbedeutung des hebräischen Wortes für Opfer, korban, oder opfern, l’hakriv, ist: sich nähern, näherbringen.

In unserem Zusammenhang kann es nicht nur das Näherbringen des Opfertieres bedeuten, sondern auch: sich selbst näherzubringen. Wir bringen unser Ego dar.

In diesem Zusammenhang passt dieses Konzept des sich Zurücknehmens auch gut zum Schabbat. Der Grundgedanke der kreativen Werklosigkeit am Schabbat ist es, den Menschen zur Erkenntnis zu führen, dass es noch etwas Größeres gibt als ihn selbst. Sechs Tage darf der Mensch die Welt gestalten, einmal pro Woche jedoch soll sich der Mensch zurücknehmen und erkennen, dass es etwas Größeres als ihn gibt.

Es gibt jedoch einen bedeutenden Unterschied: Beim Dankopfer, das man darbrachte, wenn man aus einer lebensgefährlichen Situation unbeschadet hervorging. Wenn man also, so der Maharal, gespürt hat, wie fragil das Leben sein kann und sein Ego soweit im Griff hat, dass nicht mehr die Gefahr besteht, dass sich sein Ego in den Weg stellt.

Nutzen wir die Zeit bis zum Sederabend, um unser Ego auf Normalmaß zu bekommen.

Schabbat Schalom

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des NDR, dort gesendet am 30.3.2012.

14.04.2023 Artikelarchiv >>
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