hauptmotiv

BECHUKOTAI

Ökologische Tora

Auslegung von Rabbinerin Klapheck

Wie aktuell die Tora gerade angesichts heutiger Debatten über ökologische Katastrophen und den Klimawandel ist, zeigt sich am Abschnitt „Bechukotai“ des heutigen Schabbat. Wir lesen die letzten Kapitel im dritten Buch Mose. Sie enthalten so etwas wie eine ökologische Theologie. Abermals ermahnt Gott die Israeliten, das Schabbat-Jahr des Landes einzuhalten. Er verknüpft dies direkt mit der Drohung, die Israeliten ins Exil zu schicken, wenn sie die heiligen Gesetze des Landes nicht befolgen, wenn sie ihm nicht alle sieben Jahre ein Ruhejahr geben.

Gleich zu Anfang des 26. Kapitels stellt Gott die Beziehung zwischen dem Wohlergehen der Menschen, dem Land und den Gesetzen her.
„Wenn ihr nach meinen Gesetzen wandelt und meine Gebote beobachtet und sie haltet, so will ich euch Regen zur rechten Zeit geben, der Boden wird seinen Ertrag geben und die Bäume auf dem Felde ihre Frucht. Die Dreschzeit wird bei euch bis an die Weinlese reichen und die Weinlese bis zur Aussaat; ihr werdet Brot in Fülle essen und ungefährdet in eurem Lande wohnen.“ (26:3 ff)

Halten sich die Menschen jedoch nicht an die Gesetze, dann kommen Hunger und Elend über das Land und seine Bevölkerung.
„Ich werde eure stolze Macht brechen, und ich werde den Himmel über euch zu Eisen und die Erde unter euch zu Erz machen. Eure Kraft wird vergebens verbraucht werden, euer Boden wird seinen Ertrag nicht geben und die Bäume im Lande nicht ihre Frucht.“ (26:18ff)

Eine lange Liste von Drohungen mündet schließlich im Schlimmsten: Vertreibung und Exil. Gott kündigt an, das Land zu verwüsten und die Israeliten unter die Völker zu zerstreuen. Das Exil sei notwendig, damit sich das Land von den Menschen erhole.
„Dann wird das Land mit seinen Schabbaten zufrieden sein, so lange es wüst liegt, und ihr im Lande eurer Feinde seid, dann wird das Land feiern und seine Schabbate befriedigen. So lange es wüst liegt, wird es die Schabbate feiern, die es nicht gefeiert hat, als ihr darin wohnet.“ (26:34)

Die Rabbinen haben diese Schlussfolgerung verstanden. Das Exil ist Sühne für die begangene Schuld der Menschen. Doch die Sühne erstreckt sich nicht nur auf die unmittelbare Beziehung der Menschen mit Gott. Sie geht darüber hinaus und umfasst auch das Land – die Schöpfung. Diese braucht ihre eigene Zeit der Sühne. Nach der Rechnung der Rabbinen betrugen die Jahre des babylonischen Exils exakt die Zahl der nicht eingehaltenen Schabbatjahre. Die Bünde, die Gott mit den Vorvätern geschlossen hatte, bedeuteten in Wahrheit auch einen Bund Gottes mit dem Land. Wenn die Israeliten im Exil endlich ihre Schuld erkennen, so heißt es in der Tora:
„Dann werde ich meines Bundes mit Jakob gedenken, und auch meines Bundes mit Isaak und meines Bundes mit Abraham gedenken, und des Landes werde ich gedenken. Erst aber muss das Land fern von ihnen verlassen daliegen, muss zufrieden werden mit seinen Schabbaten, wenn es fern von ihnen wüst daliegt...“ (26:43)
Die aus diesen Versen sprechende ökologische Tora widerspricht nicht nur der Vorstellung, dass die Schöpfung allein für den Menschen gemacht ist und er sie deshalb nach Belieben benutzen und ausbeuten kann. Das Land, die Felder, die Bäume, ja selbst der Himmel und der Regen stehen in einer eigenen Beziehung zu Gott und haben Anrecht auf ihren eigenen Schabbat. Ökologische Katastrophen sind daher nicht nur auf den Menschen bezogen zu verstehen. Dieser Aspekt fehlt mir heute oftmals. Indem wir die Schöpfung antasten und verschandeln, schaden wir nicht nur uns selbst. Der Schaden greift in Sphären über, die wir nicht ermessen können, weil wir nur unsere eigene Beziehung mit Gott kennen. Doch auch das Land hat seinen Bund mit Gott.


07.06.2019 Artikelarchiv >>
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