hauptmotiv

Zukunft ist keine Fortschreibung des Gewesenen

von Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama

Beinah täglich lesen und hören wir, welch unzumutbare Folgen die Corona-Seuche für einzelne Wirtschaftszweigw hat. Das ist ein Besitzstandsdenken. Dahinter steckt der Gedanke: So viel wie es gerade am 15. Februar 2020 war, so viel muss es für alle Zeiten bleiben. Zu den Fakten gehört, dass zu vieles auf Kredit finanziert ist, keine Rücklagen gebildet wurden. Geschäftsleute tragen bei Banken ihre Konzepte vor und bekommen eine zustimmende oder ablehnende Antwort, in dem einen Fall einen Kredit, im anderen eine Absage. Diese sogenannten Götter in Grau handeln mit "Wahrscheinlichkeiten" anhand von aus Statistiken gewonenen Erkenntnissen; sie berechnen quasi aus den ihnen vertrauten Faktoren die Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei werden aber externe "Störfaktoren", also solche, die in ihren Erfahrungen keine Rolle gespielt haben, gar nicht berücksichtigt: Weder ein Lottogewinn, der den Kredit auf einen Schlag unnötig macht, noch das Ausbrechen einer Corona-Krise, die alle bekanntnen Maßstäbe in Sachen Erfolgswahrscheinlichkeit über den Haufen wirft.

Dabei fehlt aus meiner Sicht das Wichtigste bei der Entscheidung: Die Einschränkung im jirzeh haschem - "so Gott will". Gigantische Gewinne werden für neue Abenteuer verwendet, ganz selbstverständlich konsumiert oder als Dividenden ausgeschüttet. Dann kommt die nicht vorausberechnete Krise, und schon wird die Hand aufgehalten und die Gemeinschaft aller soll mit steuerfinanzierten Zuschüssen das Geschäft von Morgen finanzieren. Es wäre ja wohl auch möglich gewesen, sich Rücklagen zu schaffen, das Unvorhersehbare durch banges Hoffen auf Gottes Segen und, so wie Josef im ersten Buch Moses das in Mizrajim gemacht hat, durch Polster aus den fetten Jahren abzufedern, damit in den mageren Jahren davon gelebt werden kann. Wir Juden wissen, dass die Zukunft nicht eine Fortschreibung der Vergangenheit ist. Die Generationen unserer Eltern und Großeltern haben das nach den 1920er Jahren erfahren müssen.

Editorial der 3. Ausgabe des "Mitteilungsblatt" der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland; zu beziehen bei office.ark@berlin.de

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