hauptmotiv

Eine Sukka auch für Flüchtlinge

Das Laubhüttenfest erinnert uns an Verfolgte in aller Welt

von Rabbinerin Gesa Ederberg

Heute in einer Sukka zu sitzen, ist etwas ganz anderes als früher. Und damit meine ich nicht nur, dass für Kinder der Etrog größer, der Lekach leckerer und die Sukka heimeliger ist. Früher, als die Kinder aus eigenem Erleben wussten, dass Milch von der Kuh und Kartoffeln vom Feld kommen, war Sukkot als Erntefest viel realer.

Wenn man Sukkot feierte, dann wusste man, ob es für das nächste Jahr genug zu essen gab. Das ist hierzulande anders, aber in vielen Teilen der Welt leben die Menschen immer noch nach diesem elementaren Rhythmus. Und sie können im besten Fall hoffen, dass die Nahrung reicht, wahrscheinlicher ist aber, dass mindestens ein Teil hungern oder sogar verhungern wird.

symbol

Die Sukka symbolisiert in der jüdischen Tradition einerseits die provisorische Hütte der Feldarbeiter, die während der Ernte keine Zeit hatten, nach Hause zu gehen, andererseits auch die Hütten, in denen das Volk während der 40-jährigen Wanderung durch die Wüste lebte. Die Tora (3. Buch Mose 23,43) deutet Sukkot als Zeichen für alle Generationen der Zukunft, dass Gott Israel aus Ägypten gerettet hat. Raschbam, der Enkel Raschis, der im Mittelalter lebte, erklärt: »Du sollst nicht in deinem Herzen sagen, meine Kraft und die Stärke meiner Hände hat mir diesen Erfolg gebracht.«

Flüchtling zu sein, unendlich lange unterwegs zu sein, ohne zu wissen, ob man irgendwann in Sicherheit ankommt und wie man dort empfangen wird, ist die Erfahrung der Kinder Israels in der Wüste – und ist heute die Erfahrung von Flüchtlingen aus Afrika, die zu Fuß durch die Wüste nach Israel kommen oder auf unsicheren Schiffen nach Europa oder als Verletzte aus Syrien zu entkommen versuchen.

Während Jom Kippur uns einen seelischen und geistigen neuen Start ins Jahr ermöglicht hat, buchstabiert Sukkot nun die materielle Seite dieses Jahresanfangs. Regen und Kälte in der Sukka sollen uns daran erinnern, dass ein gutes Leben nicht selbstverständlich ist und dass wir Verantwortung für die haben, die keine gelungene Ernte feiern können. So wie wir Abraham und Sara und andere symbolisch als Gäste, Uschpisin, in der Sukka begrüßen, sind wir aufgefordert, Gäste in unseren Sukkot und in unserem Land aufzunehmen, und zwar nicht nur nützliche oder berühmte, sondern gerade auch die, die voller Verzweiflung und aus Lebensgefahr geflohen vor unserer Tür gestrandet sind.

Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung der Jüdischen Allgemeinen, dort erschienen am 25. September 2013.

Artikelarchiv >>
Rabbiner & RabbinerinnenStrömungenPositionenBet DinPublikationenLinksImpressum
Bookmark für: Facebook
Home
logo der allgemeinen rabbinerkonferenz

© Allgemeine Rabbinerkonferenz
Meldungen

Pressemitteilung

Zum Bericht der Kanzlei Gercke und Wollschläger

21. September 2023

Am Sonntagabend beginnt Jom Kippur, der große Sühnetag. Der jüdische Philosoph und Rabbiner, Moses Maimonides (1135-1204), hat in den bis heute prägenden Hilchot Teschuwa, den Gesetzen zur...

Lesen Sie mehr...

Wie kommt ein Jude in den Himmel?


Paraschat Haschawua

HAASINU

Auslegung von Rabbiner Pal

Inventur des Herzens

In den Tagen vor Jom Kippur soll jeder mit seinen Mitmenschen, mit Gott und mit sich selbst ins Reine kommen

Die zehn Tage zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur dienen dem Einzelnen zur geistigen Umkehr. Im Gegensatz zu den allwöchentlichen Gottesdiensten, wo sich in vielen Synagogen kaum genügend Beter zusammenfinden, um einen Minjan zu bilden, kommen...

22.09.2023   Lesen Sie mehr...