hauptmotiv

Gentest: Eine Frage der Verantwortung

Beim Streit über Trisomie-21-Untersuchungen gibt es keine leichten Antworten

von Rabbiner Boris Roris

erschienen am 11.04.2019

Wann beginnt das Leben, wird oft gefragt, und das wird gerne mit einem bekannten Witz erörtert: Mit der Empfängnis, sagt ein katholischer Pfarrer. Nein, korrigiert ihn ein Imam, mit der Geburt. Lächelnd widerspricht ihnen ein Rabbiner und sagt: mit dem Auszug der Kinder aus dem Haus und wenn der Hund gestorben ist.

Doch die so ins Lustige gezogene Fragestellung hat es in sich. Durch die Entwicklung der Wissenschaft erlangen wir immer mehr Einblicke in entstehendes Leben – noch vor der Geburt. Und so stellt sich uns auch die Frage: Was tun wir, wenn sich ein genetischer Defekt eingeschlichen hat und ein Kind nicht gesund auf die Welt kommen wird? Wollen und sollen wir etwas unternehmen? Oder ist das Leben so kostbar, dass es nicht angetastet werden darf?

KRANKENKASSE

In diesen Tagen diskutiert auch der Bundestag, ob ein Gentest zur Früherkennung des sogenannten Down-Syndroms (Trisomie 21) von Krankenkassen bezahlt werden soll. Das Thema ist umstritten, denn positive Tests sind manchmal die Grundlage für Abtreibungen.

Aus halachischer Sicht sind solche Tests sogar angeraten, um zu erfahren, ob Komplikationen zu erwarten sind.

In der jüdischen Tradition suchen wir immer nach Möglichkeiten, Leben zu schützen und zu bewahren. Aus rabbinisch-halachischer Sicht sind solche Tests sogar angeraten, um zu erfahren, ob Komplikationen zu erwarten oder ob Partner genetisch kompatibel sind. Aus jüdischer Sicht wird grundsätzlich das Leben der Mutter über das des ungeborenen Kindes gestellt.

VORBEREITUNG

Stellt sich also aufgrund medizinischer Probleme die Frage, wer überleben soll, wenn es zu Problemen während einer Schwangerschaft kommt, dann wird immer das Überleben der Mutter in den Vordergrund gestellt.

Mit dem Gentest können sich die Eltern sowohl organisatorisch als auch emotional entscheiden, was auf sie zukommen wird. Vielleicht ergibt sich nach einem solchen Test auch die Möglichkeit, sich mit dem Thema gezielter auseinanderzusetzen und eine bewusste Entscheidung zu treffen. Liegt darin nicht der Sinn einer jeglichen Entwicklung: bewusster mit Verantwortung umgehen zu können?

Wiederverwendung mit freundlicher Genehmigung der Jüdischen Allgemeinen, dort erschienen am 11. April 2019.

Artikelarchiv >>
Rabbiner & RabbinerinnenStrömungenPositionenBet DinPublikationenLinksImpressum
Bookmark für: Facebook
Home
logo der allgemeinen rabbinerkonferenz

© Allgemeine Rabbinerkonferenz
Meldungen

Neuer Vorstand

Am 19. Juni haben die Mitglieder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz turnusmäßig ihren neuen Vorstand gewählt. Die bisherige Vorsitzende, die Frankfurter Rabbinerin Prof. Dr. Elisa Klapheck, erhielt die meisten Stimmen und bleibt Vorsitzende. Ebenfalls als Vorstandsmitglied bestätigt wurde...

Lesen Sie mehr...

Wie kommt ein Jude in den Himmel?


Paraschat Haschawua

SCHELACH LECHA

Auslegung von Rabbiner Almekias-Siegl

»Dass ihr sie seht und euch erinnert«

Warum das Zizitgebot für alle 613 Gebote steht

Unser Wochenabschnitt Schelach Lecha schließt mit dem Gebot über die Zizit. Nachdem ein alter Mann am Schabbat Holz gesammelt hatte, sagte Gott zu Mosche: »Hast du gesehen, wie dieser Mann den Schabbat entweiht hat?« Mosche antwortete: »Das Volk Israel ist gerade aus Ägypten...

20.06.2025   Lesen Sie mehr...